HÜA, STECKENPFERD!
„Da ist ein Junge in der Schule, eine Klasse über mir, bei dem ich mich frage, wie ein einzelnes Individuum nur so beschränkt – ja, ich möchte beinahe sagen „bescheuert“ – sein kann!“ Mit diesem wütenden Satz trat ich damals in der zweiten Klasse an meine Mutter heran. In ihrer unendlichen Weisheit fragte sie mich daraufhin: „Kann er denn irgendwas richtig gut?“ „Ja, er ist der Beste im Fußball“, antwortete ich. „Dann kann er ja nicht ganz so bescheuert sein“, sagte sie.
Da hat sie mal wieder Recht gehabt. Es lohnt sich, die Menschen abseits ihres Alltags zu betrachten. So mancher, der im zwischenmenschlichen Bereich nur sehr dürftige Leistungen abliefert, propellert mit seinem Hobby in olympische, ja manchmal sogar galaktische Sphären. Einer schießt nächtelang Freistöße, ein anderer telefoniert durch‘s Abflussrohr mit Elvis. Der nächste verfolgt den Stammbaum seiner Katze bis ins Mittelalter zurück... Solche Steckenpferde zeugen von Zielstrebigkeit und zärtlicher Hinwendung zugleich. Ob man damit Erfolge verbuchen kann? Egal. Wenn überhaupt, dann stellen sie sich vermutlich irgendwann von alleine ein.

Sich aus Neugier und Leidenschaft einer Sache zu widmen, sie zu beleben und dort Bedeutung zu schaffen, wo ein anderer nur Bedeutungslosigkeit sieht: das ist des Pferdchens Kern. Ein liebenswerter Kern. Einer, in den man sich verlieben kann.

Ein Steckenpferd, das ist ein Besenstiel, auf dem man in den Sonnenuntergang reiten kann. Jeder sollte eins haben. Wer keines hat, der denkt womöglich noch, er müsse erst den richtigen Besenstiel finden. Doch, keine Sorge, das spielt keine Rolle. Dem Sonnenuntergang ist es ziemlich schnuppe, worauf man angeritten kommt.

Hüa, Steckenpferd!